Prostatakrebs ist eine der am meisten diagnostizierten Krebsarten bei Männern in Industrieländern. In Deutschland zum Beispiel gibt es jedes Jahr über 60.000 neue Fälle. Diese Art von Krebs ist bei Männern tatsächlich am häufigsten, sie macht 26 % aller Fälle aus. Es gibt Debatten über die besten Methoden zur Früherkennung, aber alle sind sich einig, dass eine frühe Behandlung die Heilungschancen verbessert. Aber könntest du dein Risiko einfach durch häufigeres Ejakulieren verringern?
Ein Forscherteam um Jennifer Rider von der Harvard School of Public Health hat einen interessanten Zusammenhang entdeckt. Sie fanden heraus, dass Männer, die häufiger ejakulieren – durch Sex oder Selbstbefriedigung –, ein niedrigeres Risiko haben, an Prostatakrebs zu erkranken. Die Studie analysierte die Daten von 32.000 Männern, die zwischen 1986 und 2010 erfasst wurden.
Welche Risikofaktoren gibt es für Prostatakrebs?
Es gibt einige nachgewiesene Risikofaktoren für diese Krebserkrankung.
Zu den bedeutendsten zählen:
- ein höheres Lebensalter,
- enge Familienangehörige, die an Prostatakrebs gelitten haben, wie etwa Vater oder Bruder,
- die ethnische Zugehörigkeit, wobei Männer dunkler Hautfarbe etwas öfter an Prostatakrebs erkranken als Männer anderer Hautfarben,
- die Einnahme von Vitamin E als Nahrungsergänzungsmittel in hohen Dosen, was das Risiko für Prostatakrebs steigern kann, wenn es über einen längeren Zeitraum eingenommen wird.
Studie: Ein Fünftel weniger Risiko durch Ejakulation
Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Regelmäßiges „Handanlegen“ oder Sex könnte vor einer der häufigsten Krebsarten schützen – jedenfalls laut einer Studie der Harvard School of Public Health. Jennifer Rider und ihre Kollegen stellten fest, dass die Männer, die mindestens 21-mal pro Monat ejakulierten, seltener an Prostatakrebs erkrankten. Ihr Risiko war um etwa 20 % niedriger als bei Männern, die nur siebenmal im Monat zum Höhepunkt kamen. Etwa ein Zehntel derjenigen, die über 20 Samenergüsse pro Monat berichteten, wurde Prostatakrebs diagnostiziert, im Vergleich zu 13,3 % in der weniger aktiven Gruppe.
Die Forscher sind sich nicht sicher, warum häufiges Ejakulieren dieses Ergebnis haben könnte. Eine Theorie besagt, dass der Samenerguss schädliche Substanzen aus der Prostata entfernen könnte. Diese Substanzen könnten Entzündungen verursachen, die später zu Krebs führen könnten. Eine andere Theorie schlägt vor, dass die Prostata durch regelmäßigen Samenerguss reifer und weniger anfällig wird.
„Handarbeit“ gilt nicht als einzige Präventionsmöglichkeit: Gesundheitsfaktoren und Lebensstil
Es gibt neben Sex allerdings andere Dinge, die du tun kannst, um dein Risiko zu verringern, an Prostatakrebs zu erkranken. Die Studie deutet darauf hin, dass ein gesünderer Lebensstil, einschließlich einer Ernährung mit weniger rotem Fleisch und mehr Obst und Gemüse, ebenfalls zur Prostata-Gesundheit beitragen kann.
Kritik an der Studie
Medizin transparent setzt sich in einem kritischen Artikel mit der Annahme auseinander, dass häufige Samenergüsse, sei es durch Sex oder Selbstbefriedigung, vor Prostatakrebs schützen könnten.
Ihre Überprüfung der vorhandenen wissenschaftlichen Belege ergibt ein gemischtes Bild:
- Studienlage: Seit 2003 wurden fünf Studien zu diesem Thema veröffentlicht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es möglicherweise einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Samenergüssen und dem Risiko für Prostatakrebs geben könnte, aber die Beweise sind nicht schlüssig.
- Methodische Probleme: Die meisten erhobenen Daten basieren auf der Erinnerung der Teilnehmer. Diese ist jedoch fehleranfällig, besonders wenn es um persönliche oder peinliche Themen geht. Zudem waren einige der Kontrollgruppen schlecht vergleichbar, und unbekannte Einflüsse könnten die Ergebnisse verzerren.
- Kein Nachweis eines Schutzeffekts: Obwohl einige Studien einen Zusammenhang zwischen Samenergüssen und Prostatakrebs zeigen, beweisen sie nicht, dass Selbstbefriedigung schützt. Es könnte genauso gut sein, dass sowohl das Krebsrisiko als auch die Lust auf Selbstbefriedigung von anderen Faktoren, wie Hormonen, beeinflusst werden.
- Theorien: Die Idee, dass Selbstbefriedigung die Prostata schützen könnte, basiert auf der Theorie, dass das regelmäßige Durchspülen der Prostata schädliche Stoffe, die Krebs auslösen könnten, entfernt. Dies bleibt jedoch eine Vermutung.
- Gesicherte Risikofaktoren: Während der Zusammenhang mit Selbstbefriedigung unklar bleibt, sind einige Risikofaktoren für Prostatakrebs bekannt, darunter fortgeschrittenes Alter, Vererbung und Vitamin E in hohen Dosen als Nahrungsergänzungsmittel.
- Fehlende Aussagekraft: Die in den Studien gefundenen Zusammenhänge sind nach medizin transparent nicht aussagekräftig genug. Die vorliegenden Studien sind größtenteils Beobachtungsstudien, die anfällig für Verzerrungen sind und keine klare Schlussfolgerung ermöglichen.
Insgesamt kommt der kritische Artikel zu dem Schluss, dass die Behauptung, Selbstbefriedigung schütze vor Prostatakrebs, nicht ausreichend wissenschaftlich gestützt ist.
Was bedeutet das für dich?
Diese Studie von Jennifer Rider und ihren Kollegen zeigt einen interessanten statistischen Zusammenhang, aber es gibt immer noch viele Unbekannte. Die Forscher betonen selbst, dass ihre Studie nicht die genauen biologischen Mechanismen erklärt, und die Stichprobe hatte auch einige Ungleichgewichte, wie die Tatsache, dass die Untersuchungsteilnehmer hauptsächlich aus weißen US-Amerikanern bestanden.
Was schützt wirklich vor Prostatakrebs?
Nicht alle Risikofaktoren kannst du beeinflussen. Gegen hohes Alter und Vererbung bist du machtlos. Bei anderen Faktoren, die das Risiko einer Krebserkrankung nachweislich erhöhen, kannst du durchaus etwas tun.
Die deutsche Krebsgesellschaft empfiehlt:
- Gewichtsmanagement: Halte dein Gewicht im gesunden Bereich, indem du es falls nötig anpasst.
- Aktiver Lebensstil: Bewege dich regelmäßig und integriere Sport in deinen Alltag.
- Ausgewogene Ernährung: Setze auf Obst, Gemüse und andere pflanzliche Lebensmittel. Schränke den Verzehr von Fleisch ein, besonders von rotem Fleisch.
- Umgang mit Alkohol: Genieße Alkohol nur in geringen Mengen und vermeide übermäßigen Konsum.
Fazit
Die Debatte, ob häufige Ejakulation Prostatakrebs vorbeugen kann, ist spannend, aber nicht eindeutig belegt. Sex macht Spaß, und das ist alles gut und schön, aber du solltest dich nicht darauf verlassen, um Prostatakrebs zu verhindern. Die bewährten Präventionsmaßnahmen wie ein gesundes Gewicht, regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung und mäßiger Alkoholkonsum sollten nicht aus den Augen verloren werden. Die interessanten Forschungsergebnisse dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die wirklich wichtigen Schutzmaßnahmen gegen Prostatakrebs in den etablierten Gesundheits- und Lebensstilfaktoren liegen.
Quellen
https://www.spektrum.de/news/hilft-haeufiges-ejakulieren-gegen-prostatakrebs/1480357
https://medizin-transparent.at/prostatakrebsselbstbefriedigung/
Unser Redaktionsteam ist ständig auf der Suche nach interessanten und aktuellen Themen, die Männer in der zweiten Lebenshälfte beschäftigen. Wir recherchieren, interviewen, schreiben und lassen gerne auch Gastautoren zu Wort kommen.